COVID-19: Informationen zur aktuellen Lage im Tschad und Sudan

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Am 19. März 2020 wurde die erste COVID-19-Infektion in N‘Djamena registriert. Derzeit gibt es im Tschad 850 bestätigte Infektionen, 720 genesene Personen und 73 gemeldeten Todesfälle. Im Sudan wurden bisher 7.220 Personen positiv auf COVID-19 getestet, 2.610 Personen sind wieder genesen und es gibt 459 bestätigte Todesfälle (Stand: 15. Juni 2020). In Tiné gibt es (noch) keinen offiziell bestätigten Fall einer an COVID-19 infizierten Person.

Angesichts des Mangels an Tests wird eine hohe Dunkelziffer an Infektionen angenommen. Laut der Organisation „Brot für die Welt“ zählt der Tschad zu den Ländern mit der geringsten Dichte an Ärzt*innen – ein*e Mediziner*in versorgt rund 20.000 Patient*innen. Im Vergleich dazu behandelt ein*e Ärzt*in in Deutschland rund 230 kranke Personen. Es fehlt nicht nur an Mediziner*innen, sondern auch an Laboren und Intensivbetten in Krankenhäusern. Auch im Sudan ist das Gesundheitssystem nicht auf die Pandemie vorbereitet.

Die Länder haben jedoch frühzeitig auf die weltweite Ausbreitung der Atemwegserkrankung reagiert. Die Maßnahmen zeigten sich zuerst in verstärkten Einreisekontrollen, Gesundheitsprüfungen und Einreisesperren im Tschad und Sudan. Seit dem Auftreten der ersten COVID-19 Infektion wurden im Tschad alle internationalen Flugverbindungen ausgesetzt und vorerst (bis zum 25. April 2020) ist der gesamte Flughafen in N’Djamena für den kommerziellen Flugverkehr gesperrt. Darüber hinaus sind derzeit alle Grenzübergänge geschlossen. Im Sudan herrschen seit dem 24. März 2020 landesweite nächtliche Ausgangssperren. Das Reisen zwischen den Bundesstaaten ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr möglich. Seit dem 17. März 2020 sind alle Grenzen und Flughäfen geschlossen. Laut der Website des Auswärtigen Amtes haben die Maßnahmen keine zeitlichen Beschränkungen. Sie können sowohl kurzfristig widerrufen als auch längerfristig aufrechterhalten werden.

Neben den Ausgangs- und Einreisebeschränkungen sind die Universitäten und Schulen geschlossen, Sportveranstaltungen, Hochzeiten und Versammlungen untersagt und viele Geschäfte mussten schließen. Auch in Tiné sollten die Läden schließen, doch die Bewohner*innen können sich aufgrund ihrer existenziellen Bedingungen nicht an die Vorschriften halten. Bereits vor dem Höhepunkt der Pandemie, wissen viele Menschen nicht, wie sie sich und ihre Familien versorgen sollen.

Ein Jahr nach dem Sturz von Sudans ehemaligen Machthaber Omar al-Baschir, ist die Situation weiterhin angespannt. Der Sudan gehört zu einem der höchstverschuldeten Ländern der Welt. Viele Menschen besitzen keinen sicheren Zugang zu Lebensmitteln, es fehlen Devisen, um Medikamente zu importieren und es herrscht weiterhin ein Kraftstoffmangel. Außerdem kann die Pandemie das alte Regime stärken, denn die Armee und die Milizen, gegen die hunderttausende von Menschen noch im letzten Jahr protestiert haben, sollen die verhängten Maßnahmen überwachen.

Im Tschad und in anderen afrikanischen Staaten könnten, laut Einschätzungen der Regionaldirektorin der International Crisis Group (NGO) Elissa Jobson, Terroristen von der Coronavirus-Krise profitieren. Sollte das Gesundheitssystem zusammenbrechen und die Bevölkerung nicht mehr mit Lebensmitteln versorgt werden, drohen Aufstände und Umstürze. Terroristische Gruppen könnten dieses Chaos nutzen. Die Anzahl der Terrorattentate im Tschad ist bereist angestiegen – im März 2020 überfielen Dschihadisten der terroristischen Gruppierung Boko Haram einen Armeestützpunkt im Tschad und ermordeten 92 Soldaten.