Die Lage der Schulen in Tiné 2005: Ein Bericht

Lesen Sie, wie eine „Schule“ in Tine aussieht, wie schlecht Schule, Lehrer und Kinder ausgestattet sind und wo Mittel fehlen. Der Bericht zeigt auch, was der Darfur-Hilfe e.V. leisten konnte und was er plant.

Grundschülerinnen und Grundschüler im provisorischer Schule

Übersicht zum Bericht 2005

  1. Flüchtlingsschulen in Tine-Tschad
    • Die Schule „Tine 1“, Tine-Tschad
    • Das größte Problem? Fehlende Bücher!
    • Problem Ernährung
    • Fehlende Tafeln und andere Schulgeräte
    • Gebäude und Miete
    • Wie Prüfungen absolvieren?
    • Das Schulgeld
    • Kindergarten ohne Ausstattung
    • Besuch der Schule „Tine 2“, Tine-Tschad
    • Keine Sitzgelegenheiten
    • Fehlende Tische und Stühle
    • Besuch der Schule „Tine 3“, Tine-Tschad – die schlechteste
  2. Schulen im Flüchtlingslager Am Nabak (Duguba)
    • Probleme: Lehrergehalt, Schulwächter-Gehalt, Gebäude

    3. Schlussfolgerungen für Darfur-Hilfe e.V.

Nachtrag: Aktionen und Regeln der UNICEF in Darfur

1. Flüchtlingsschulen in Tine-Tschad

Die Schule „Tine 1“, Tine-Tschad

Tine-Tschad ist eine Grenzsiedlung an der sudanesischen Grenze. Ein Wadi trennt sie von Tine-Sudan. Seit dem Beginn des Darfurkonflikts ist Tine Durchgangsort und Standort vieler Flüchtlinge aus dem Darfur. In Tine selbst errichtete keine der internationalen Organisationen ein Flüchtlingslager, da die unmittelbare Grenznähe dies verbietet. Dennoch sind weiterhin mehrere tausend Einwohner von Tine-Tschad Flüchtlinge. Nachdem die Mehrheit der noch vor einem Jahr hier ansässigen Flüchtlinge in Flüchtlingslager umgesiedelt wurden, halten sich auch keine internationalen Organisationen mehr in Tine auf. Es liegt außerhalb ihres Einsatzgebietes.

Seit 2004 entstanden in Tine-Tschad drei Flüchtlingsschulen. Lehrer und Flüchtlinge gründeten sie in Eigeninitiative. Neben den Flüchtlingsschulen gibt es weitere, staatliche tschadische Schulen, deren Schulsystem, anders als im Sudan, französisch geprägt ist. Einige Flüchtlingskinder konnten auch in diesen Schulen unterkommen. Andere leben bei Familienmitgliedern in einem der Lager oder wurden in sudanesische Städte zu Verwandten geschickt, um eine Schulbildung wahrnehmen zu können. Für die ersten sieben Schuljahre stehen nun auch die Flüchtlingsschulen in Tine-Tschad zur Verfügung. Die eigenen Möglichkeiten sind sehr eingeschränkt. Eine Unterstützung durch internationale Organisationen besteht hier nicht.

Direktor aller Schulen in Tine und im Flüchtlingslager Am Nabak (Duguba) ist Adam Shoggar.

Die größte Schule in Tine ist die Schule „Tine 1“. Sie liegt im Zentrum der Ortschaft. Schuldirektor in „Tine 1“ ist Hussein Hashim Obey.

Neben dem Schuldirektor unterrichten in der Schule Tine 1 zehn weitere Lehrer, sechs Lehrer und vier Lehrerinnen. Sie sind alle Sudanesen. Es sind:

  • Salim Abdelgadir
  • Ahmed Muhammed Sandal
  • Sherif Abdel –Shafi Ahmed
  • Adam Abdel –Gidir Ahmed
  • Bukhid Abakr Saleh
  • Aziza Abdallah Tom
  • Amne Ibrahim Ahmed
  • Howa Muhammed Tagel
  • Aisha Zakaria Aristo

Die Lehrer in Tine kommen alle aus Tine-Sudan und haben bereits dort unterrichtet. Sie kennen daher die Schüler und haben sich ihre Schule selber organisiert. Unterrichtet werden nach dem sudanesischen System die Fächern Arabisch, Religion (Islam), Mathematik, Englisch (ab Klasse fünf), Geschichte, Geographie, Sport (jeden Tag etwa 20 Minuten) und Kunst. Die Kinder gehen mit 6 bis 8 Jahren in die erste Klasse.

Die Schule hat zur Zeit (Nov. 2005) sieben Klassen mit insgesamt 392 Schülern.

  1. Klasse mit 109 Schüler. Auf grund der hohen Schülerzahl in der erster Klasse ist die Klasse in zwei erste Klassen geteilt.
  2. Klasse mit 69 Schülern
  3. Klasse mit 56 Schülern
  4. Klasse mit 41 Schülern
  5. Klasse mit 43 Schülern
  6. Klasse mit 41 Schülern
  7. Klasse mit 33 Schülern

In den Klassen werden Mädchen und Jungen zusammen unterrichtet. Der Unterricht findet zwischen 7-13.15 Uhr statt. Sie haben jeden Tag sechs Stunden, à 45 Minuten. Eine Frühstückspause von 50 Minuten liegt dazwischen. Die erste und zweite Klasse geht nach der Frühstückspause nach Hause. Nach jeder Stunde sind fünf Minuten Pause.

In der Schule „Tine 1“ sind 75 % sudanesische Flüchtlingskinder und etwa 25 % tschadische Kinder.

Das größte Problem? Fehlende Bücher!

Der Darfur-Hilfe e.V. konnte Schulmaterial für Am Nabak beschaffen. Auf dem Schild steht: „This School is supported by Darfur Help Foundation“.

Auf die Frage, was das größte Problem in der Schule darstellt, wurde das Fehlen von Büchern als erstes genannt. Es gibt nur wenige Schüler, die Bücher besitzen, nämlich etwa 10 %. (Bei dem Beschaffen von Büchern durch den Darfur-Hilfe Verein im August 2005 wurden 840 Bücher gekauft, die alle in das nahe gelegene Flüchtlingslager Am Nabak gebracht wurden. Diese Schule hat keine Bücher vom Darfur-Hilfe Verein bekommen). Die Schüler müssen sich ihre Bücher selber auf dem Markt kaufen.

Problem Ernährung

Ein weiteres Problem stellt das Frühstück dar: Viele Schüler kommen von weit her und können sich kein Frühstück kaufen. Sie wohnen aber auch zu weit entfernt, um in der Frühstückspause nach Hause zu gehen.

Fehlende Tafeln und andere Schulgeräte

Als weiteres Problem wurden fehlende Tafeln genannt, sie seien kaputt. Man nutzt daher zum Teil Stoffe, um darauf zu schreiben. (ich habe aber in jeder Klasse eine funktionierende Tafel gesehen).

Es fehlen Schulgeräte wie Dreiecke, Zirkel, Darstellungsgegenstände wie z.B. Uhren.
(Sie haben eine einzige Kiste mit Zirkel, Uhr und einige wenige Bücher von UNICEF bekommen).
Es fehlen Sitzmöglichkeiten. Die Schüler sitzen auf dem Boden, teils im Sand, teils auf Plastiksäcken, teils auf mitgebrachten Matten.

Gebäude und Miete

Die Gebäude (Strohhütten) sind baufällig.
Das Büro der Lehrer muss angemietet werden, es kostet Geld. Früher war es ein Laden. Auch die Schule befindet sich auf einem Gelände von Privatpersonen, das angemietet werden muss.

Wie Prüfungen absolvieren?

Ein weiteres Problem ist das der 8. Klasse: Nach der achten Klasse muss eine Prüfung absolviert werden, um den Zugang zu einer höheren Schule zu erlangen. Aber es gibt zur Zeit keine Möglichkeit, hier eine Prüfung zu absolvieren. UNICEF müsste die Prüfungen aus dem Sudan holen und eine allgemeine Prüfung angeboten werden. Daher gibt es bisher höhere Schulen weiterhin nur im Sudan. Schulbildung ist somit nur bis zur siebten Klasse möglich.

Das Schulgeld

Jeder Schüler muss 1.500 SD (etwa 5 €) im Monat Schulgeld zahlen.
In Tine bekommen die Lehrer 30.000-35.000 SD (etwa 100-110 €) im Monat. In Am Nabak bekommen die Lehrer 35.000 CFA (etwa 54 €). Nach Auskunft der Lehrer in Tine besteht in Am Nabak ein geringeres Bücherproblem. Dort sind nur 60% der Kinder ohne Bücher, die Kinder dort müssen auch nicht selber ihre Bücher beziehen. Auch die Gebäude in Am Nabak sind besser.
Die Kinder in Tine gehen hier zu Schule, weil ihre Eltern kleine Läden auf dem Markt besitzen und daher nicht in die Lager umziehen wollen.

Kindergarten ohne Ausstattung

Angegliedert an der Schule „Tine 1“ ist ein Kindergarten. Die Leiterinnen sind Sittana Ibrahim Hamid und Bukhita Abdel-Shafi Sabun. Der Kindergarten umfasst zur Zeit 40 Kinder, die von 7 bis 10 Uhr dort sind.

Die Kinder werden von ihren älteren Geschwistern mit zur Schule genommen. Sie besitzen keine Spielsachen, keine Stifte, kein Papier, keine Bücher und haben bisher keine Unterstützung von UNICEF oder einer anderen Organisation bekommen. Im Sudan gab es in einem Kindergarten immer auch einiges Spielzeug.

Besuch der Schule „Tine 2“, Tine-Tschad

Südlich von Tine haben sich während der Flüchtlingsströme seit September 2003 Flüchtlinge aus dem Sudan angesiedelt, Das so entstandene Flüchtlingslager nannten die Organisationen damals „Tine 2“. Viele der Flüchtlinge leben noch jetzt in der Region, andere sind mit ins Flüchtlingslager Am Nabak umgesiedelt worden. Die jetzt dort lebenden Flüchtlinge werden in keiner Weise durch Organisationen unterstützt.

Die Schule „Tine 2“ rekrutiert ihre Schüler ausschließlich aus diesem Gebiet. 85% kommen aus dem Sudan, 15% aus dem Tschad. In erster Linie kommen die Kinder ursprünglich aus Tine-Sudan, nur einige wenige aus Um Buru oder Karnoy.

Die Schule hat zur Zeit 344 Schüler in sieben Klassen, wobei auch in dieser Schule die erste Klasse zwei Klassen umfasst.

Unterrichtet werden die Schüler von fünf Lehrern und drei Lehrerinnen, die alle aus Tine-Sudan kommen.

  • Bukhit Hassan Makin
  • Mohammed Saleh Omar
  • Sharif Ibrahim Fadl
  • Ahmed Ibrahim Breko
  • Bukhit Hashim Tamoni
  • Nour-Essham Gabr Giri
  • Subaida Mahmud Adam
  • Sainab Adam Nasser

Die Schüler teilen sich sieben Klassen auf:

  • Klasse a) 55, b) 45 Schüler
  • Klasse 55 Schüler
  • Klasse 53 Schüler
  • Klasse 50 Schüler
  • Klasse 43 Schüler
  • Klasse 25 Schüler
  • Klasse 18 Schüler

Die Schüler sind zu etwa 60% Jungen, zu 40% Mädchen. Sie werden gemeinsam unterrichtet. Auf die Frage, was das größte Problem in der Schule darstellt, wurden die fehlenden Bücher genannt. Hier besitzen nur etwa 5 % der Schüler Bücher, die auf dem Markt gekauft wurden. Sie arbeiten in Gruppen, so dass die übrigen Kinder mit in ein Buch gucken können.

Keine Sitzgelegenheiten

Auch sie haben keine Matten zum Sitzen, sie sitzen auf zusammengenähten Plastiksäcken, um etwas gegen Schmutz und Staub geschützt zu sein. Sie sind im Sommer sehr heiß, außerdem verursacht das Sitzen auf dem Boden Rückenprobleme

Sie haben keine Unterstützung von UNICEF bekommen.

Fehlende Tische und Stühle

Ihnen fehlen Stühle und Tische; die ganze Schule besitzt nur sieben Stühle für die Lehrer.
In der Schule „Tine 2“ dient eine Strohhütte zwei Klassen. Die dünnen Strohwände stellen keinen Geräuschschutz dar, so dass es eine große Konzentration bedeutet, dem eigenen Lehrer zu lauschen und nicht dem Lehrer oder dem Lehrstoff der nebenan liegenden Klasse zuzuhören.

Im schlechtesten Zustand: Schule „Tine 3“, Tine-Tschad

Die Schule „Tine 3“ liegt westlich vom Markt an der Ortsgrenze Tine-Tschad. In dem Gebiet waren der Großteil der Flüchtlinge nach den Flüchtlingsströmen angesiedelt, bevor sie umgesiedelt wurden. Noch heute ist das ganze Gebiet von Flüchtlinge bewohnt und sieht noch genauso ärmlich aus wie 2003/4. Sie sind von Unterstützung, Distributionen und Entwicklungen durch die Hilfs-Organisationen ausgeschlossen, weil man sie gerne in ein Flüchtlingslager verlegen würde. Sie lehnen dies aber ab: Tine ist Marktzentrum und bietet daher Arbeitsmöglichkeiten, wenn auch in geringem Umfang. Außerdem möchten die Menschen nicht von den Organisationen abgängig sein.

Die Schule „Tine 3“ besteht nur aus Klasse eins und zwei, den jüngsten Kindern, die zu klein sind, in die anderen beiden weiter entfernt liegenden Schulen zu gehen. Es sind zwei Strohhütten, deren Zustand sehr schlecht ist und instandgesetzt werden müsste. Die etwa 100 Kinder teilen sich einen Lehrer, der zwischen den beiden Klassen hin und her wechselt. Bücher gibt es keine.

Die Schule „Tine 3“ ist die Schule in Tine, die sich im schlechtesten Zustand befindet.