Nach der Ausweisung des Koordinators der Vereinten Nationen für humanitäre Hilfe im Südsudan, Toby Lanzer, hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gefordert, den Druck auf die Bürgerkriegsparteien in dem ostafrikanischen Staat zu verstärken, um dort das anhaltende Morden und die Massenflucht einzudämmen.
UN-Koordinator für humanitäre Hilfe ausgewiesen
„Toby Lanzer musste gehen, weil er sich trotz unverhohlener Drohungen der Behörden nicht einschüchtern ließ und auf das schreckliche Leiden der Zivilbevölkerung in dem seit Dezember 2013 eskalierenden Bürgerkrieg aufmerksam machte“, sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. „Diesen Mahner der Humanität auszuweisen, ist ein Affront der politischen und militärischen Führung des Südsudan gegen ihr eigenes Volk und gegen humanitäre Grundwerte.“ Die Ausweisung markiert eine weitere Verschlechterung des Verhältnisses zwischen dem Südsudan und den UN, da Lanzer das Land ohnehin in wenigen Tagen verlassen hätte, um eine neue Arbeitsstelle anzutreten.
Lage der Zivilbevölkerung spitzt sich dramatisch zu
Lanzer und andere führende UN-Vertreter hatten in den vergangenen zwei Wochen fast täglich auf die sich dramatisch verschärfende Lage der Zivilbevölkerung im Südsudan hingewiesen und mehr internationales Engagement für ein Ende des Bürgerkriegs gefordert. Die Zahlen sind erschreckend: 1,53 Millionen Menschen sind innerhalb des Südsudans auf der Flucht vor Kämpfen, im benachbarten Ausland suchten weitere 546.000 Südsudanesen Schutz. Allein im Mai 2015 flohen im Bundesstaat Unity mehr als 100.000 Menschen vor neuer Gewalt. Rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, die jedoch aufgrund stetig zunehmender Gewalt immer weniger Menschen erreicht. So wurden durch die jüngsten Kämpfe im Monat Mai mindestens 650.000 Zivilisten von humanitärer Versorgung abgeschnitten. Alle Konfliktparteien begehen schwere Menschenrechtsverletzungen wie Morde, Vergewaltigungen, willkürliche Verhaftungen und Plünderungen und bleiben dafür straflos.
Führung desinteressiert an Lage der eigenen Bevölkerung?
Die südsudanesischen Kirchen haben den politischen und militärischen Führern ihres Landes am 26. Mai 2015 in einer gemeinsamen Erklärung vorgeworfen, sich für die dramatische Lage ihrer eigenen Bevölkerung nicht zu interessieren. Der Weltsicherheitsrat hat Ende Mai 2015 zwar das Mandat der UN-Friedenstruppe UNMISS bis zum 30. November 2015 verlängert und weitere gezielte Sanktionen gegen Führer der Bürgerkriegsparteien angekündigt. Doch international gibt es ansonsten wenig Resonanz auf den eskalierenden Bürgerkrieg und auf das offensichtliche Scheitern des jüngsten Staates der Welt.