Als schweren Rückschlag für den weltweiten Kampf gegen Straflosigkeit bezeichnete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Einstellung der Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) wegen Kriegsverbrechen im Westen des Sudan.
„Für die Darfuris ist dies ein Schlag ins Gesicht“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. „Sie erleben tagtäglich Kriegsverbrechen, die strafrechtlich nicht geahndet werden. Die Einstellung der Ermittlungen ist eine Bankrotterklärung der internationalen Gemeinschaft gegenüber Kriegsverbrechern. Das von den Vereinten Nationen selbst gesetzte Ziel, „Nie wieder Ruanda“, ist damit verraten, weil man mit seiner Tatenlosigkeit Völkermörder zu neuen Verbrechen ermutigt.“
So höhnte der vom IStGH mit Haftbefehl wegen Völkermords gesuchte amtierende sudanesische Staatspräsident Omar Hassan al Bashir gestern bereits, dies sei ein Sieg für sein Regime. Dabei wollte die IStGH-Chefanklägerin Fatou Bensouda mit der am Freitagabend verkündeten Einstellung weiterer Ermittlungen vor allem gegen die mangelnde Unterstützung des Weltsicherheitsrats protestieren. Bensouda wies ausdrücklich darauf hin, dass noch immer schwerste Menschenrechtsverletzungen in Darfur verübt werden.
„Auch für Deutschlands Außenpolitik bedeutet dies eine herbe Niederlage“, erklärte Delius. War doch Deutschland vor zehn Jahren unter der damaligen Staatsministerin Kerstin Müller federführend im Weltsicherheitsrat bei den Bemühungen, den IStGH mit den Ermittlungen zu betrauen. „In den Folgejahren gab es auch aus dem Auswärtigen Amt nur noch wenig Hilfe, stattdessen hofierte man das Bashir-Regime, um Zugeständnisse in der Politik des Sudan gegenüber dem Südsudan zu erreichen. In der Darfur-Politik folgt das Auswärtige Amt den arabischen Staaten, die die katastrophale Lage schönreden.“
Lage der Zivilbevölkerung in Darfur 2014 verschlechtert
Die Lage der Zivilbevölkerung in Darfur hat sich im Jahr 2014 weiter verschlechtert. Nach UN-Angaben sind seit Januar 2014 weitere 316.339 Menschen im Westen des Sudan vor neuer Gewalt und anhaltender Rechtlosigkeit geflohen. Insgesamt sind damit in Darfur elf Jahre nach Beginn des Völkermords noch immer 2,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Von der Regierung bewaffnete Milizen und kriminelle Banden verbreiten mit Überfällen auf Flüchtlinge und Helfer ein Klima des Schreckens. „Vor allem Frauen leiden unter der anhaltenden Rechtlosigkeit“, sagte Delius. „Seit März 2014 haben wir 636 Vergewaltigungen dokumentiert, die überwiegend von Milizionären begangen wurden. Vor Sudans Polizei und Gerichten gibt es für die Opfer dieser sexuellen Gewalt keine Gerechtigkeit. Ihre Hoffnung galt dem IStGH, der sie nun maßlos enttäuschte.“